Die Zauberin

 

Die Zauberin

... und auch das ist NLP.

 

 


Eine Begegnung mit sich selbst

 
Es war einmal eine Zauberin, die all ihre Zauberkraft verloren hatte. Ihr Leben verlief trostlos und ohne jegliche Magie. Sie wusste eigentlich gar nicht, wann das geschehen war, noch weniger wusste sie, wie es geschehen war. Es war geschehen, soviel wusste sie, denn sie konnte sich noch dunkel an eine Zeit erinnern, die schön war, die lebendig war und in der es viel Freude für sie gegeben hatte. Manchmal, wenn sie ganz still wurde, bekam sie eine Ahnung davon, wie es einst gewesen sein musste, denn wundervolle Gefühle stiegen aus den Tiefen ihres Innersten auf und manchmal konnte sie sogar Bilder wahrnehmen. Woher diese kamen, konnte sie sich nicht erklären und wenn sie danach greifen wollte, verschwanden diese auch recht schnell wieder. Wo sollte sie nur nach ihrer verloren gegangenen Zauberkraft suchen? Welche Bedeutung hatten die Bilder und was wollte ihr das leise, undeutliche Gemurmel sagen, das sie schon fast ihr ganzes Leben begleitet hatte? Doch je mehr sie in sich hineinlauschte, desto unsicherer wurde sie, denn da war noch etwas anderes. Etwas, das ihr großes Unbehagen bereitete, etwas, was so gar nichts mit den wundervollen Gefühlen zu tun zu haben schien, etwas Dunkles und Kaltes. Angst stieg in ihr auf. Wollte sie wirklich mehr darüber wissen? Und was genau wollte sie darüber wissen? Alles? Wirklich alles? Oder wollte sie doch lieber nur die schönen Seiten entdecken? Würde sich ihr Leben verbessern? Wie würde es sich verbessern und woran würde sie erkennen, dass es sich verbessert hatte? Und überhaupt - im Vergleich zu was würde es sich verbessern? Sie hatte doch keine Erinnerung daran, wie es einmal war.
„Ich kann doch nichts“ sagte sie, wie schon so oft, zu sich selbst und „ich bin doch nur eine machtlose Zauberin“.
 
So saß sie viele Jahre da, weinte bittere Tränen, die in wahren Sturzbächen ihre Wangen hinunterliefen, sich langsam zu einem See sammelten. Sie war so tief in sich versunken, dass sie die sanfte Stimme erst gar nicht wahrnahm, die da zu ihr sprach.
 
„Was wäre denn, wenn du wieder zaubern könntest . . . ? Was brauchst du, um wieder eine machtvolle Zauberin zu sein . . . ?“
 
„Wie bitte? Wer spricht dort?“ verwirrt schaute sich die Zauberin um.
 
„Ich bin es“, antwortete die Stimme sanft „dein Unterbewusstsein. Schau in den stillen See vor dir und du wirst mich sehen“.
 
Die Zauberin tat wie ihr aufgetragen, blickte in den glasklaren See und erschrak. Da war ihr Spiegelbild zu sehen, ja, und doch war es so unendlich anders, als sie selbst. Es war freundlich, liebevoll, schön und es war so voller Zuversicht, dass es schon schmerzte.
 
„Wer bist du?“ fragt sie noch einmal, vielleicht auch in der Hoffnung, dass sie alles nur geträumt hatte.
 
Geduldig antwortete das Spiegelbild:
 
„Ich bin dein Unterbewusstsein, ich gehöre zu dir und ich weiß alles. Du kannst mich gerne fragen, was immer du wissen möchtest und ich werde dich alles lehren“.
 
Da schluckte die Zauberin, wischte ihre Tränen fort und ohne lange nachzudenken sprudelten die Worte aus ihrem Mund, die sie schon so oft gedacht hatte.
 
„WARUM??? Warum habe ich meine Macht verloren?“
 
„Das ist keine gute Frage“, entgegnete das Unterbewusstsein ruhig, „versuch es noch einmal“.
 
Keine gute Frage, dachte die Zauberin, zog sich leicht beleidigt zurück und fiel in einen Zustand, den sie schon gut kannte. Fern der realen Welt, gab es einen Zufluchtsort, den sie all die Jahre immer wieder aufgesucht hatte, wenn es ihr schwer ums Herz war. Es war ein schöner Ort, voll Frieden und Harmonie. Hier fühlte sie sich leicht, wie auf einer Wolke schwebend oder war es doch eher eine sonnendurchflutete Waldlichtung? Wie so oft, konnte sie sich auch diesmal nicht so richtig entscheiden. Als sie gerade sanft auf der Waldlichtung landete und überlegte, wie schön es wohl wäre, sich genau hier niederzulassen, hörte sie zum ersten Mal ganz deutlich eine Stimme: „Das ist richtig“, klang von irgendwo zu ihr herüber und von einer, bisher nicht gekannten, Sicherheit erfasst, ließ sie sich sanft ins Gras gleiten. „Und auch das ist richtig“. Wie kann das sein? Was sind das für Stimmen? Sie hatte schon immer irgendwelches Gemurmel wahrgenommen aber es nie für wirklich wichtig erachtet. Oder hatte sie nur nie darauf hören wollen? Doch diesmal war es etwas anderes, diesmal war die Stimme klarer und heller, auch die Farben um sie herum waren lebendiger . . .
 
Ohhhh..., Moment mal, was war das? Sie selbst konnte durch ihre Gedanken, . . . oder war es die Stimme? die Dinge verändern, die Töne lauter oder leiser machen, die Schärfe und die Farben um sie herum variieren. He, das machte Spaß und munter malte sie die Blumen in schrillen Farben an, das dunkle Moos verwandelte sie in leuchtend grünes Gras und die vielen kleinen Schmetterlinge ließ sie verführerisch von einer Blüte zur anderen gaukeln. Auch ließ sie die Blumen einen wunderbaren Duft verströmen und war fast ein wenig berauscht von der Intensität der Farben und Düfte. Glücklich legte sie sich zurück, sah dem Wind zu wie er mit den Grashalmen spielte und spürte die warme Sonne auf ihrer Haut. Und da war sie wieder. Und diesmal hörte sie genau hin als die Stimme ihr zuflüsterte:
 

 

„Die richtige Frage lautet: Was brauche ich, um wieder eine machtvolle Zauberin zu sein? Und was genau bedeutet es für mich, machtvoll zu sein?“
 
Erschreckt über diese Erfahrung erwachte sie und schaute in ihr Spiegelbild, welches sie beruhigend anlächelte.
 
„Das war ich“, sagt es, „du siehst ich war immer bei dir, du hattest nur noch nicht gelernt hinzuhören, zu sehr warst du mit anderen Dingen beschäftigt“.
 
Verwirrt über dieses Erlebnis zog sich die Zauberin zurück, um darüber nachzudenken und um, bereichert durch die Erkenntnisse, die ihr diese zwei Fragen aufgeworfen hatten, ihr Leben zu durchleuchten und nach neuen Möglichkeiten zu suchen.

Als sie nach schier endloser Zeit wieder zu dem stillen See ging, um mit ihrem Unterbewusstsein Kontakt aufzunehmen, hatte sie viel nachgedacht. Sie hatte sich über ihr Ziel Gedanken gemacht, hatte dieses positiv formuliert und konnte förmlich fühlen, wie es wäre, wenn sie es erreicht haben würde. Sie hatte sich vorgenommen, von nun an ihre Sinne offen zu halten, Fähigkeiten zu erwerben um wieder ihre Macht zurückzugewinnen und flexibel auf alles zu reagieren, was ihr unterwegs begegnete. Auch hatte sie sich vorgenommen ihr Verhalten so lange zu ändern, bis etwas funktionierte, von nun an immer nach mindestens drei Möglichkeiten zu suchen und ihre Kommunikation mit anderen Menschen nicht mehr daran fest zu machen, was sie selbst empfand, sondern vielmehr daran, wie die anderen auf sie reagierten. Sie wollte nicht mehr, wie bisher, immer gleich beleidigt sein, wenn andere ihr Dinge sagten, die ihr wehtaten, sondern wollte stattdessen hinter allem eine gute Absicht vermuten oder wenigstens genauer nachfragen.
 
„Ach, wenn ich doch nur wieder zaubern könnte!“ wünschte sie sich oft. „Oder wenn ich doch wenigstens ein Bedeutungshandbuch hätte, dann würde mir vieles leichter fallen und ich könnte leichter begreifen, wenn Menschen davon erzählen, dass sie kein Licht am Ende des Tunnels sähen und eigentlich damit meinen, dass sie das Leben manchmal genauso erdrückt wie mich“.
 
Da sie eine kluge Zauberin war, ließ sie sich trotz kleiner Niederlagen nicht entmutigen und hatte für sich selbst beschlossen, dass es von nun an für sie keine Fehler mehr gäbe, sondern nur noch Resultate und wenn ihr diese nicht gefielen, müsste sie halt etwas Anderes ausprobieren solange bis . . .
 
Nur mit einem kam sie doch noch nicht ganz zurecht. Und das machte ihr Kopfzerbrechen. So ging sie wieder zu dem stillen See um ihr Spiegelbild, das mittlerweile zu einer guten Freundin geworden war, zu befragen.
 
„Liebes Unterbewusstsein, wie kann ich nur all das lernen, was ich schon einmal wusste und wieder vergessen habe? Es erscheint mir alles so aussichtslos.“
 
Das Unterbewußtsein lächelte gütig:
 
„Lernen ist leicht und macht Spaß und ich helfe dir gern. Öffne dich für das Neue, lerne was es zu lernen gibt und lass zu, dass meine Weisheit zu dir sprechen darf. Komm so oft du magst zu mir, hier an diesen stillen See und lass dich überraschen, was dir auf deinem Weg alles begegnen wird. Alles ist gut – auch deine Unsicherheit, denn du befindest dich in einem Zustand des Wissens um die Dinge, nur fehlt dir zur Zeit noch das richtige Werkzeug, um dieses Wissen auch zum Wohle Aller anzuwenden. Schon bald wirst du einen Punkt erreichen, an dem du glauben wirst, der Weg sei zu schwer, um weiter voranzuschreiten und vielleicht möchtest du umkehren. Sei wachsam und klug, gehe ruhig und gelassen weiter, immer in dem Wissen, dass ich bei dir bin und dich unterstütze, wenn du mich lässt. Und eines Tages, vielleicht schon früher als du es dir jetzt vorstellen kannst, wirst du dich fragen, ob es jemals eine Zeit gegeben haben mag, da du all diese wunderbaren Fähigkeiten nicht zur Verfügung hattest... – So, und nun spring hinein, lerne, verwerfe, lerne neu, sammele Informationen, ändere dein Verhalten, erwerbe Fähigkeiten, überprüfe deine Werte und deinen Glauben und finde heraus, wer du damit wirklich bist, welchen Platz du in dieser Welt einnimmst und was du über dich und die Welt glaubst!“
 
Stumm vor Freude über so viele gute Worte und mit der Gewissheit, den stillen See jederzeit aufsuchen zu können, machte sich die Zauberin auf ihren Weg. Als erstes wollte sie sich selbst ein Geschenk machen, das ihr, in manch schwerer Stunde, von nun an eine Unterstützung sein sollte. Sie hoffte inständig, sie fände etwas – sie suchte nach etwas wirklich Schönem in ihrer Vergangenheit. Ihr Blick ging nach oben... und tatsächlich, es tauchten längst vergessen geglaubte Bilder auf und sogleich wurde sie durchflutet von diesem wunderbar warmen Gefühl von Geborgenheit. Wer die Zauberin beobachtete konnte an ihrer gesamten Körperhaltung erkennen, dass sie etwas sehr Schönes erleben musste. Ihr Kopf war leicht geneigt – fast sah es so aus als hörte sie sanfte Musik, ihr Gesicht war entspannt, glücklich und so schön wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Sie versprach sich selbst, sich von nun an dieses Gefühl wiederzuholen, wann immer sie es nötig hatte.
 
Sie lernte fleißig, denn sie hatte große Ziele und verfeinerte mehr und mehr ihre Fähigkeit mit anderen sowie mit ihrem Unterbewusstsein zu kommunizieren. Nach und nach konnte sie immer besser die inneren Stimmen auseinanderhalten und lernte, dass es viele verschiedene Anteile in ihr gab, die sich auch schon mal kräftig miteinander stritten und manches Mal war sie darüber recht böse, aber sie gab niemals auf. Sie lernte die Anteile zu identifizieren, lernte jedem einzelnen Raum zu gewähren, lernte zuzuhören und nach der guten Absicht zu forschen, genauso wie sie es in der Unterhaltung mit anderen Menschen gelernt hatte. Je mehr Routine sie bekam, desto mehr Spaß machte ihr das Ganze und langsam bekam sie eine Ahnung davon, was ihr Spiegelbild meinte, als es ihr sagte, Lernen sei leicht.
 
So fand sie auch heraus, dass es einen Träumer in ihr gab, der viele Ideen hatte und herrlich herumspinnen konnte. Zwar waren nicht alle Träumereien umsetzbar, aber das war ihm herzlich egal. Träumer träumen, PUNKT! Für die Umsetzung ist schließlich jemand anderes zuständig. Diesen Jemand nannte sie den Realisten und der leistete ganze Arbeit. Er strukturierte, stellte Finanz- und Zeitpläne auf, schuftete den lieben langen Tag und verwarf auch schon mal die eine oder andere Verrücktheit. Aber auch so ein tatkräftiger Macher, wie der Realist, übernahm sich manchmal und vor lauter Aktivität und dem festen Willen alles umzusetzen, was er sich vorgenommen hatte, hätte er schon häufiger das Ziel aus den Augen verloren, wenn es da nicht auch noch den guten Ratgeber gegeben hätte. Dieser überprüfte wohlwollend zwar, aber dennoch kritisch sämtliche Pläne und unterzog sie einer strengen Sinnkontrolle. Besonders diese drei Anteile ergaben ein richtig gutes Team und wenn die Zauberin so von außen auf die drei schaute, wusste sie, nachdem die Anfangsschwierigkeiten überwunden waren, drei äußerst zuverlässige Partner an ihrer Seite.
 
Weiter und weiter trug sie der Weg, sie wurde einfühlsamer und konnte mehr wahrnehmen als früher. Sie lernte, sich in die ‚Schuhe‘ anderer zu stellen, um so herauszufinden, was die Menschen wirklich bewegt, lernte gewissen Erlebnissen eine andere Bedeutung zu geben und wurde so auch milder in der Beurteilung ihrer eigenen Schwächen. Mit Unterstützung der Ressourcen, die nun immer öfter und leichter aus ihrer Vergangenheit auftauchten und die sie, sobald sie auftauchten, tief in ihrem Herzen verankerte, lernte sie ihr subjektives Empfinden zu verändern.
 
Vieles lernte die Zauberin und langsam bekam sie einen Eindruck von der Zauberkraft, die ihr einst zur Verfügung gestanden hatte. Sie verbesserte stetig ihre Wahrnehmungsfähigkeit und schaute anderen Menschen dabei zu, wie sie ihr Leben gestalteten. Waren das vielleicht auch Zauberer . . . , die genau wie sie ihre Zauberkraft verloren hatten? Sie wusste es nicht, wollte auch nicht fragen. Doch sie beobachtete sie genau und indem sie die Art, sich zu bewegen, zu sprechen und zu atmen übernahm, schaffte sie eine harmonische und offene Beziehung zu den Menschen. Manchmal, wenn ihr bestimmte Fähigkeiten und Überzeugungen ganz besonders wichtig waren, fragte sie sehr gezielt nach.

Manche Menschen hatten Schwierigkeiten damit, denn noch niemand hatte so viele merkwürdige Fragen gestellt wie die Zauberin, aber sie vertrauten ihr und gaben bereitwillig Auskunft. Warum das so war wussten sie allerdings nicht, doch die Menschen hatten immer das Gefühl, dass die Zauberin gerade ihnen ganz besonders ähnlich sei oder zumindest einer sehr guten Freundin. Die Zauberin lächelte dann leise in sich hinein, wohlwissend, daß sie bereits sehr viel gelernt hatte und dass die Magie nun endlich wieder in ihr Leben zurückgekehrt war.

Und doch, es gab noch mehr im Leben. Es musste noch mehr geben, denn noch immer wurde sie von Zweifeln und Ängsten heimgesucht. So nahm sie all ihren Mut zusammen und machte sich wieder auf um mit ihrem Unterbewusstsein zu sprechen.
 
„Schau“, sagte sie „ich habe viel gelernt, die Magie, die ich so lange vermisst habe, ist wieder zu mir zurückgekehrt, ich habe sogar einen Teil meiner Zauberkraft wiedererlangt und ich habe gelernt diese Kraft zu meinem Wohle und zum Wohle aller einzusetzen . . . Aber etwas hält mich zurück, denn ich weiß, ich kann mehr. Bitte, liebes Unterbewusstsein, bitte hilf mir an mein wirkliches Potential zu gelangen, damit ich dieses Wissen auch an andere weiterreichen kann und sie lehren kann, dass auch sie diese Zauberkraft in sich tragen“.
 
Fast flehentlich klang die Stimme der Zauberin. Da lächelte das Unterbewusstsein gütig und wissend, dass nun der richtige Zeitpunkt gekommen war.
 
„Schließe deine Augen und entspanne dich. Du hast viel gelernt, hast viele Hürden überwunden, du weißt deine Macht im guten Sinne zu gebrauchen und deshalb bist du es nun wert, das Geheimnis der wahren Magie zu ergründen. Eine letzte Prüfung musst du aber noch bestehen und die wird nicht einfach sein (an dieser Stelle konnte sich das Unterbewusstsein ein breites Grinsen kaum verkneifen). Du musst einmal noch durch all die schlimmen Augenblicke deines Lebens treten, sie noch einmal mit all dem damit verbundenen Schmerz ansehen und hineinfühlen, um so Schritt für Schritt dein Leben rückwärts zu verstehen und durch das Dunkel ins Licht gelangen, um dann endlich dein Leben vorwärts leben zu können. Wenn du dazu bereit bist, wirst du mit dem belohnt, wofür du so zielstrebig gearbeitet hast“.
 
Die Stimme sprach leise auf sie ein, die Zauberin konnte nur noch schwach nicken und machte sich, noch ein wenig ängstlich, auf die Reise. Sie durchlebte all die schmerzhaften Stationen ihres Lebens noch einmal – auch die längst vergessen geglaubten. Sie konnte, je weiter sie zurückschritt, erleben, wie sie nach und nach all ihre Macht verloren hatte. An jeder Station ein bißchen mehr. . . . all ihre Macht verloren hatte??? NEIN! Ein Blitz der Erkenntnis durchzuckte sie, es war viel schlimmer. Sie hatte ihre Macht nicht verloren, sie hatte ihre Macht an andere einfach abgegeben. Sie selbst war es . . . Einmal an den Ehemann oder an den Chef, ein anderes Mal an sogenannte Freunde, sogar an die Eltern . . .
Und sie erkannte auch, je mehr sie ihre Macht abgegeben hatte, desto dichter zogen die Nebel des Vergessens auf, hüllten sie ein in ihren bleischweren Atem.
 
Und dann plötzlich, gerade als der Schmerz übergroß wurde, sie gerade aufgeben wollte, umgab sie wohltuende Stille, die Nebel rissen auf und der Schmerz über ihr Versagen und die Einsamkeit wich der Gewissheit, eingebettet zu sein in Liebe und Geborgenheit und dem wundervollen Gefühl, sich selbst genug zu sein. Tiefer Friede verbunden mit einer großen Leichtigkeit breitete sich in ihr aus. Ja, in diesem Wissen wollte sie von nun an ihr Leben leben. Ein wunderbares Leben voller Magie!
 
„Gibt es vielleicht ein Wort oder einen Satz, der all das beinhaltet, was du hier lernen und erleben durftest und mit dem du von nun an deinen Weg gehen wirst?“ fragte wie von Ferne eine Stimme.
 
Ein würdevolles Lächeln erhellte das Gesicht der Zauberin. „Ja“, dachte sie „den gibt es“ und gab dieser neu gewonnen Überzeugung den schönsten Platz, den sie in ihrem Herzen finden konnte.
 
Und sie dachte noch mehr:
 
„Das also ist wirkliche Zauberkraft und ich bin eine machtvolle Zauberin“.




Alle Rechte an diesem Text liegen bei Regina Neutzler